Es riecht nach Freiheit – Zweite Wohngruppe für die Forensik
Eine frische Meeresbrise, der Geruch von Salzwasser, die Rufe der Möwen am Sandstrand – unweigerlich empfindet man beim Eintreten in das Gebäude der neuen Forensischen Wohngemeinschaft (FWG II) eine Küstenidylle.
“Es ist so gewollt – die FWG II soll eine kleine Oase sein für unsere Bewohner, sie sollen hier erstmals an der kommenden Freiheit schnuppern können, die Luft ohne Barrieren einatmen und sich wie im Urlaub an der See fühlen“, erklärt Christel Schlimmer ihr Konzept für die Gestaltung des langen Korridors im Gebäude Nr. 26.
Noch riecht man die Frische des Gebäudes, denn erst kurz vor Weihnachten wurden die Räume für die Wohngruppe fertig gestellt. Nach der Umgestaltung, größtenteils durch die klinikeigenen Ergotherapien, ist die ehemalige Station nicht wieder zu erkennen. Jeder Bewohner hat sein eigenes Zimmer, für das er verantwortlich ist. Gemeinsam werden die Sanitärbereiche, die Küche, das weiträumige Wohnzimmer und der Essraum genutzt. Alle Bewohner müssen sich an die Hausordnung halten, jeder hat Mitverantwortung zu tragen- wichtig für das künftige Leben außerhalb des Klinikums.
“Hier beginnt für die Männer, die lange Zeit auf Grund ihrer Unterbringung in einer geschlossenen Abteilung lebten, ein neuer Lebensabschnitt, an den sie sich erst gewöhnen müssen. Sie müssen nicht nur lernen, sich selbst zu versorgen, auch das soziale Miteinander und die Freizeit nach dem täglichen Arbeitspensum in verschieden ergotherapeutischen Bereichen , als auch in echten Beschäftigungsverhältnissen außerhalb des Klinikums, müssen richtig eingeteilt – ja mitunter gelernt werden”, weiß die Fachkrankenschwester, die bereits langjährige Erfahrungen mit Wohngruppen gesammelt hat.
Als einzige Bezugsperson hat sie einen Fulltimejob, der oft weit über die normale Arbeitszeit hinaus geht. Sie führt Aufnahmegespräche, erteilt lebenspraktische Hilfestellungen, verwaltet und verteilt das Geld der Patienten, ist zuständig für die gesamte Dokumentation und Pflegeplanung der Wohngemeinschaft, organisiert die Einkäufe mit den Selbstversorgern und Freizeitaktivitäten, nimmt an Besprechungen mit Patienten und der Station F8 teil, mit der sie eng zusammenarbeitet. Dies an fünf Wochentagen – am Wochenende ist die Wohngemeinschaft für sich selbst verantwortlich – in Notfällen sind dann die MitarbeiterInnen der Station F8 Ansprechpartner.
Dr. Michael Noetzel und Peteris Venteris, die Duale Leitung der Klinik für Forensische Psychiatrie, sehen in der Eröffnung der FWG II ein unerlässliches weiteres Angebot im Rahmen der Rehabilitation und Integration von forensischen Patienten, die nach § 64 StGB untergebracht sind und sich in der REHA-Endphase befinden. “Mit der Vorbereitung in einer Wohngemeinschaft vergrößern sich für Patienten die Chance, sich besser in das Alltagsleben außerhalb des Klinikums zu integrieren”, weiß auch Stationsleiter Jörg Wagner.